Kirche St. Margarethen

Geschichte der St. Margarethenkirche

Baugeschichte

Bereits im Testament des Bischofs Tello wird in Ilanz eine Marienkapelle erwähnt. Als der einsetzende Fernhandel mit Venedig Aufschwung nach Ilanz brachte, wurde die Kapelle 1287 zu einer Kirche ausgebaut und in St. Margarethenkirche umbenannt. Beim grossen Stadtbrand 1483 fiel die Kirche den Flammen zum Opfer. Durch den Neubau, der 1518 fertiggestellt wurde, erhielt sie ihre heutige Form im spätgotischen Stil.

Die St. Margarethenkirche wurde letztmals in den 90er Jahren renoviert.

Namensgebung

Seit dem 13. Jahrhundert wurden Kirchen und Kapellen vermehrt auf den Namen St. Margarethe geweiht. Die heilige Margarethe war um 300 n.Chr. eine christliche Märtyrerin in Antiochia.

Hier im Oberland wird aber auch im St. Margarethen-Lied die Sage einer als Senner verkleideten Alp-Fee überliefert, deren Vertreibung Dürre und Not bringt (Fruchtbarkeitskult). Die Vorliebe für den Namen St. Margarethe könnte also ihren Ursprung in der im frühen Christentum üblichen Verknüpfung von heidnischen Sagen mit christlichen Personen haben.

Glockenturm

1483 kaufte die Kirchgemeinde den Wehrturm und funktionierte ihn zum Glockenturm um. Möglich, dass dieser mit der verschwundenen Burg Brinegg identisch ist. Das Geläut umfasst 5 stattliche Glocken aus dem Jahre 1932.

Der Chor

Taufstein

Der wuchtige Taufstein (1500kg) ist vor dem 14. Jahrhundert entstanden und weist die strenge Form eines Oktogon (Achteck) auf. Die liegende 8 wird symbolisch als Zeichen für die Unendlichkeit verstanden. Die Acht ist aber auch die Zahl der Auferstehung und Neuschöpfung, die mit der Taufe beginnt und sich im Alltag fortsetzt. Die gleichzeitige Kreisform – Form ohne Anfang und Ende – symbolisiert Unendlichkeit und Ewigkeit Gottes. Ferner erinnert uns der Taufstein in seiner Form an einen Abendmahlskelch. Damit verweist er auf die beiden Sakramente, Taufe und Abendmahl, die in der Evangelisch-Reformierten Kirche wichtig sind.

Sakraments-Nische

Links in der Chorwand findet sich das teilweise erhaltene spätgotische Tabernakel, in dem in vorreformatorischer Zeit die Hostien und die Vasa Sacra (heiligen Geräte: Kelch, Schale für Taufe und Abendmahl) aufbewahrt wurden.

Kanzel und Chorgestühl

Die Kanzel (1669) und das Chorgestühl stammen aus dem 17./18. Jh. und zeichnen sich durch reiche Schnitzereien und eingelegte Ornamente aus. Am linken Chorgestühl fällt das Wappen der Familie Schmid von Grüneck auf.

Orgel

Die Orgel wurde in der Reformation anstelle des Hochaltars eingebaut. Die heutige spätbarocke Orgel stammt von 1760. Ihr Orgelprospekt gilt als der Bedeutendste aus dieser Epoche in ganz Graubünden.

Malereien im Kirchenschiff

Die Gewölbemalereien waren in der Reformation mit Kalk übertüncht worden. Erst die Restauration brachte das Kunstwerk 1934 wieder zum Vorschein. In der Deckenmitte sind die gotischen Gewölbe mit verschiedenen Schlusssteinen versehen. Das Heiliggeistloch ist von den vier Evangelisten Markus (Löwe), Matthäus (Engelwesen), Lukas (Stier) und Johannes (Adler) umrahmt. Vor der Reformation wurde an Pfingsten durch dieses Loch eine hölzerne Taube herabgelassen, die den Heiligen Geist symbolisiert.

Die dargestellten gotischen Ranken vermischt mit Renaissancemotiven stellen auf der Westseite (rechts) das himmlische Paradies dar (Ranken und Blumen) und auf der Ostseite (links) das irdische, vergängliche Leben mit einer „Memento mori“ Darstellung (Bedenke, dass du sterben musst), wie sie im Barock verbreitet war. In vier Gewölben links sind zu erkennen:

  1. Der Tod umgürtet mit einem Schwert
  2. Der Tod mit einer Frau Schach spielend
  3. Der Tod seine Pfeile abschiessend
  4. Der Tod mit Waage und Stundenglas

In diesen Malereien kommt die spätmittelalterliche Erfahrungen mit dem Tod und der Umgang mit dem Sterben zum Ausdruck:

  1. Der Tod mit dem Schwert umgürtet, schwingt die Siegesfahne. Allem was lebt, macht er triumphierend ein Ende und dies nicht nur im Tod bringenden Krieg.
  2. Er greift plötzlich ein in das „Schachspiel“ des Lebens und zeigt auf die abgelaufene Sanduhr. Pläne platzen wie Seifenblasen, Winkelzüge können das Leben nicht verlängern, Macht und Geld schützt nicht vor dem Tod.
  3. Unerwartet und plötzlich kann der Tod eintreten. Mit Pfeil und Bogen in der Hand löscht er lautlos Leben aus. Der Tod steht auf der Weltkugel und beherrscht diese durch seine Pfeile, die Unglück und tödliche Krankheiten wie die Pest symbolisieren.
  4. Der Regenbogen sowie Schwert und Lilie zeigen das Weltgericht an. Der Tod tritt als ‚Seelenwäger’ mit Sanduhr und Waage auf. In der linken Schale liegt das Papstkreuz, das schwerer wiegt als das Schwert, das Zeichen der weltlichen Macht in der rechten Schale. „Ecclesia maxima peccatrix – die Kirche ist die grösste Sünderin“ lautet ein mittelalterlicher Lehrsatz. Womöglich versteckt sich in der Abbildung eine vorreformatorische Kritik an diesem „Ungleichgewicht“ der Macht.

Die markanten „Memento mori“ Darstellungen verlangen nach einem Gegengewicht. Die christliche Auferstehungshoffnung wird in den hellen Farben der Ranken und Pflanzen ausgedrückt. Die Pflanzen verweisen auf die Kraft des Lebens auch nach dem Tod. Deutlich wird dies auch darin, dass sich in den Ranken helle Tagvögel tummeln die Hoffnung und positive Kräfte wie z.B. ewiges Leben (Pfau) versinnbildlichen. Sie alle vertreiben die dicke Eule, einen Nachtvogel und Sinnbild des Todes.

Reformation in Ilanz

Im 16. Jh. regt sich im Volk Unmut gegen die kirchliche Herrschaft. Die Kritik an den Missständen, der lateinischen Sprache und den hohen Abgaben führt 1526 zu den Ilanzer Religionsgesprächen in der St. Margarethenkirche. Die Grundlage sind 18 evangeliumsgemässe Thesen des Bündner Reformators Johannes Comander. Nach diesem Religionsgespräch, sowie der Veröffentlichung der Ilanzer Artikeln, schloss sich Ilanz dem neuen Glauben an. In der Eidgenossenschaft fanden die 18 Thesen viel Anerkennung, so dass diese 1528 auch beim Religionsgespräch von Bern als Grundlage dienten.